Ungewollter Kaufvertrag-Schadensersatz trotz Rückgaberecht
Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 16.12.2021 (BGH, Urteil vom 16.12.2021 – VII ZR 389/21) entgegen der beiden Vorinstanzen einer Revision auf eine Klage auf Schadensersatz wegen Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung Erfolg zugesprochen und den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der dortige Kläger hat die beklagte Fahrzeugherstellerin auf Schadensersatz wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung für die Abgasreinigung in Anspruch genommen. Die Revision gegenüber der Verkäuferin ist zurückgenommen worden.
Der Kläger erwarb einen gebrauchten Wagen der Marke Audi, wobei der Kaufpreis über ein Darlehen der Audibank finanziert wurde. In den Darlehensbedingungen war ein sogenanntes verbrieftes Rückgaberecht enthalten. Danach konnte der Käufer bei Fälligkeit der Schlussrate das Fahrzeug zu einem schon vorher festgelegten Kaufpreis an den Verkäufer verkaufen. Dieses Recht übte der Kläger nicht aus und zahlte die letzte Rate.
Mit der Klage beanspruchte der Kläger die Rückzahlung des Kaufpreises und der Finanzierungskosten Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs abzüglich einer auf eine Gesamtlaufleistung von 500.000 km ausgelegten Nutzungsentschädigung.
Zunächst stellte der BGH heraus, dass der Schaden in der Eingehung einer nicht gewollten Verpflichtung liege. § 826 BGB schütze insofern die allgemeine Handlungsfreiheit und hier im Besonderen das wirtschaftliche Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen. Hierfür soll es genügen, dass das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Kaufes nicht voll brauchbar war; hierbei stelle die revisionsrechtlich zu unterstellende unzulässige Abschalteinrichtung eine daraus herrührende Gefährdung dar.
Weiter begründet der BGH dann im Einzelnen, dass weder das durchgeführte Software-Update noch das Nichtausüben des „verbrieften Rückgaberechts“ den Schaden entfallen lasse.
Ein Anspruch auf Rückzahlung erlösche nicht, wenn sich aufgrund neuer Umstände wie die Durchführung eines Updates oder aber der Aufdeckung des verdeckten Sachmangels der objektive Wert oder der Zustand des Fahrzeugs ändere.
Ein ungewollter Vertrag, der sittenwidrig herbeigeführt worden sei, könne nicht rückwirkend zu einem gewollten werden.
Aber auch die Nichtwahrnehmung eines Rückgaberechtes für den Käufer mache den ungewollten Vertragsschluss nachträglich nicht zu einem gewollten, der den Schaden entfallen lasse.
Der BGH stellt in diesem Zusammenhang klar, dass der Geschädigte Rechte, die ihm gegenüber dem Dritten zustehen, nicht ausüben müsse, wenn diese dem verfolgten Anspruch gegenüber dem Schädiger nicht gleichwertig seien. Ein vernünftig wirtschaftlich denkender Käufer hätte sein Rückgaberecht deshalb nicht umgesetzt. Der BGH begründet dieses auch nachfolgend u.a. damit, dass sich die Nutzungsentschädigung wie auch der Rückkaufspreis jeweils unterschiedlich berechneten.
Der BGH stützt somit auch mit dieser Entscheidung richtungsweisend die von Herstellern im Dieselskandal betrogenen Fahrzeugkäufer.
Insgesamt lohnt es sich, den Weg durch mehrere Instanzen zu wählen, um sein Recht zu erlangen.